Hoeneß in den Knast!

Von Stefan Tillmann am 30. August 2013

Bayerns Präsident versucht offenbar mit allen Mitteln einer Gefängnisstrafe zu entkommen. Dabei wäre er gut beraten, wenn er jetzt nicht mehr trickst. Ausgerechnet der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff könnte ihm da ein Vorbild sein

Christian Wulff und Uli Hoeneß landen nun beide vor Gericht. Der eine war immerhin Präsident Deutschlands, der andere ist immer noch Präsident der Bayern. Da liegt ein Vergleich nahe. Doch die beiden Fälle trennen Welten. Nicht nur, weil es bei Wulff letztlich um eine Hotelrechung in Höhe von rund 750 Euro gehen wird, bei Hoeneß um Steuerhinterziehung – offenbar in Millionenhöhe.

Der entscheidende Unterschied ist der Umgang mit der Sache. Nach langem Zetern hat sich Wulff im April gegen einen Vergleich und für einen Prozess entschieden, auch wenn der sicher Nerven kostet. Er hofft auf Freispruch. Und selbst, wenn er verurteilt wird, kann er von sich behaupten, sich dem Rechtsstaat gestellt zu haben.

Bei Hoeneß ist das noch nicht ganz sicher. Bei ihm geht es längst nicht mehr um die Schuldfrage, die hat er eingeräumt und sich angezeigt. Die Frage ist nur noch das Schuldmaß. Bislang hat Hoeneß Reue gezeigt und um Mitleid gebettelt, als er in einem Interview bekannte, er würde schlecht schlafen und schwitzen. Bei der juristischen Aufarbeitung entsteht nun aber der Eindruck, Hoeneß und seine Berater wollten tricksen. Zuletzt wurde eine Rechnung öffentlich, bei der Verjährungen bemüht wurden, um die Steuerschuld unter die magische Grenze von einer Million Euro zu drücken. Ab einer Million Euro ist eine Bewährungsstrafe ausgeschlossen.

Nun kann vor dem Gerichtsprozess niemand sagen, wie hoch die Steuerschuld ist und wie die Strafe ausfallen soll. Man kann aber jetzt schon konstatieren, dass Uli Hoeneß nicht gut beraten ist, wenn der Eindruck entsteht, bei ihm werde mit zweierlei Maß gemessen. Die ganze Sache würde ewig an ihm kleben bleiben. Anders wäre es, wenn er die Strafe – mal angenommen tatsächlich eine Gefängnisstrafe – annehmen würde. Er würde wie Wulff gestärkt daraus hervorgehen. Als Katholik hätte er gesündigt, gebeichtet und auch gebüßt und man könnte ihm verzeihen. Dazu noch ein hübsches Buch, und er wäre vielleicht wieder das, was er am liebsten ist: ein Vorbild für Bayern, ach was, für Deutschland.

 

Stefan Tillmann ist Mitgründer des Opinion Clubs, Fan von Fortuna Düsseldorf und hält auch bei internationalen Spielen nicht zum FC Bayern. Anfang 2014 erscheint sein Roman „Nie wieder Fußball! Die Geschichte einer Selbsthilfegruppe“.

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Sven Schulze am 30. August 2013

Der Skandal ist doch, dass Hoeneß weiterhin Präsident ist und die Wirtschaftsbosse im Aufsichtsrat jegliche Maßstäbe an Recht und Moral ignorieren. Sicher auch deswegen weil von seiten der Medien kaum Druck entsteht. Auch nach dem Champions League-Finale wurde Hoeneß nur noch nach dem Spiel gefragt und nicht, ob er nicht langsam mal zurücktreten will. Das wäre in der Politk undenkbar.

Jürgen Mustermann am 30. August 2013

Endlich einmal ein klares Statement zu Herrn Hoeneß! :-) Thumbs up!

Ich stimme auch meinem Vorkommentator gerne zu: daß Herr Hoeneß nicht nur ehrenamtliche und "inoffizielle" Funktionen weiterhin bekleidet, sondern dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft FC Bayern München AG (sogar als Vorsitzender) weiterhin angehört, ist in der Tat spätestens seit Erhebung der Klage ein Skandal. Aber vergleichbares wäre keineswegs nur "in der Politik undenkbar", sondern vor allem in der Wirtschaft (vielleicht aber nur außerhalb Bayerns): Die Corporate Governance - Grundsätze, welche die anderen Aufsichtsratsmitglieder in ihren eigenen Unternehmen zu beachten haben, hätten dort längst für einen Rücktritt (oder Rauswurf) gesorgt: zum Beispiel in den AGs bzw. KGs von
Herbert Hainer (Vorstandsvorsitzender der adidas AG), Rupert Stadler (Vorstandsvorsitzender Audi AG), Timotheus Höttges (Vorstand Deutsche Telekom AG), Helmut Markwort (Vorstand Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG) oder Martin Winterkorn (Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG). Nur in einer so speziellen "Amigo"-Umgebung, wie es sie in Bayern gibt, kann unter diesen Umständen wohl jemand wie Herr Hoeneß im Amt bleiben.

Im übrigen ist die Straffreiheit von Steuerhinterziehung bei Selbstanzeige ein Anachronismus und ein exotischer Fremdkörper in unserem Rechtssystem (in anderen Rechtsbereichen kennen wir Kooperation incl. Selbstanzeige bis hin zur Kronzeugenregelung zwar als strafmildernd, aber nicht strafbefreiend) und sollte zusammen mit den (kurzen) Verjährungsfristen für Steuerhinterziehung als m.E. "asoziale", weil die Gemeinschaft der Bürger und Steuerzahler schädigende Regelung sofort abgeschafft werden. Dann würde sich die Diskussion um die "Millionengrenze" für Freiheitsstrafen, und diesbezügliche Diskussionen um ggf. verjährte Teilbeträge, auch erübrigen.