Reife Leitung!
Nordrhein-Westfalens Staatskanzlei, der Amtssitz von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, spart sich Kaffee und Kuchen für seine Gäste. Wer zu Besuch kommt, kriegt nur noch Leitungwasser. Richtig so!
Kaltes klares Wasser, das ist allgemein und besonders im Sommer eine tolle Sache. Nicht so in Nordrhein-Westfalen. Wegen einer im Juli verhängte Haushaltssperre muss das Bundesland sparen – NRW ist mit 135 Milliarden Euro Schulden das am tiefsten in der Kreide stehende deutsche Bundesland.
Nun ist deshalb Schluss mit Kaffee, Saft, Brötchen oder Keksen für Gäste der Staatskanzlei. Besucher müssen mit einfachem Leitungswasser Vorlieb nehmen. Statt „Kaffee, Tee oder Saft?“ als Einstieg zum Gespräch gibt es nun nur noch die Variante „warm, lau oder kalt?“ Seit Tagen prasseln deswegen die hämischen Kommentare auf die Sparfüchse ein. Völlig zu unrecht!
Zum einen hat die Sparmaßnahme erfreuliche Nebenwirkungen. Kaffee macht eh nur nervös und ehrlich gesagt, er schmeckt sowieso nie so, wie der Besucher ihn gerne hätte, der zum Leidwesen des Reinigungsteams dann mit den Plastikmilchportionen und dem Zucker rumsaut. Über etwas weniger Kalorien in Form von Brötchen und Kekse freut sich die Gesundheit ebenfalls, kann man doch zum Beispiel als Journalist so aufs Jahr gerechnet ein paar Pfunde abnehmen.
Überhaupt sind die Kekse zum Kaffee meistens sowieso matschig, da die Sekretärin beim Reinbringen etwas Kaffee über die Untertasse hat planschen lassen. Weg damit, nur verschwendete Kalorien! Außerdem arbeitet es sich dann viel effienzienter – hungrige Gäste sind schneller wieder weg.
SodaStream, bitte melden!
Und vor allem der Umweltaspekt, den darf man bei der Wasserspar-Aktion keinesfalls vergessen. Keine Pfand- oder gar Einwegplastikflaschen mehr, die das schlechte Gewissen belasten, und das Schleppen der Kästen fällt auch weg. Wäre ich von der PR-Abteilung von SodaStream, würde ich jetzt ein paar Wassersprudelautomaten an die Staatskanzlei liefern lassen, die aus dem einfachen Leitungsnass wieder etwas Perliges, kurzum, mehr Prestigehaftes zaubern. Schließlich wird in der Politik gelegentlich auch geblubbert, da ist so ein Kohlensäureanreicherer doch passend.
Fragt sich nur, ob Geschäfte mit Unternehmen aus Israel momentan politisch korrekt genug sind. Aber das müssen dann eben die in Düsseldorf abwägen.
Angelika Dehmel, Autorin in Den Haag, kennt sich mit der Bewirtung auf Pressekonferenzen aus und bringt deswegen schon lange ihre eigene Thermoskanne mit Kaffee mit – künftig dann gerne auch nach Düsseldorf.