Obama macht dem Teufel ein Angebot

Von Matthias Maus am 16. März 2015

Der US-Präsident hat den syrischen Machthaber Assad bislang geächtet. Jetzt vollzieht Amerika einen Kurswechsel. Der Schwenk ist riskant – aber einen Versuch wert. Denn die Alternative ist noch viel schlimmer

Er bombardiert seine eigenen Städte. Er ist für den Tod von Hunderttausenden seiner Landsleute verantwortlich. Er lässt Fässer mit Sprengstoff, Öl und Nägeln aus Hubschraubern werfen. Getroffen werden Wohnviertel, in denen er seine Gegner vermutet: Kinder, Frauen, Männer verbrennen. Und mit so einem Massenmörder, wie Baschar al-Assad es ist, soll man verhandeln? Wie kann man nur!

Ja, wie kann man nur? Für die US-Regierung stellt sich diese Frage ab sofort  pragmatisch, nicht mehr moralisch. Außenminister John Kerry hat mit einer lapidaren Äußerung einen spektakulären Kurswechsel gegenüber dem aktuell grausamsten Diktator angekündigt. Man sei bereit, mit Assad zu reden, sagte Kerry: „Am Ende werden wir immer verhandeln müssen.“

Was klingt wie eine Kapitulation, ist die Anerkennung der Realität. Und die Einsicht, dass man diesen Despoten so schnell nicht loswird. Und dass er – es fällt schwer, das aufzuschreiben – das kleinere Übel ist.

Die Realität: Nach vier Jahren Bürgerkrieg, der die schlimmste humanitäre Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg auslöste, ist ein Ende von Assads Herrschaft nicht absehbar. Der Verursacher dieser Gräuel mit Millionen Vertriebenen steht als einzig halbwegs verlässlicher Ansprechpartner da. Denn der Krieg hat eine Macht hervorgebracht, die für die Region, die Nachbarn – ja selbst bis in die deutsche Gesellschaft hinein – zur unberechenbaren Bedrohung geworden ist: Der „Islamische Staat“ ist in Syrien geboren, als eine von vielen Oppositionsgruppen. Mittlerweile zersetzt er mit seiner unerbittlichen Gewalt die Gesellschaft nicht nur im benachbarten Irak. Er lockt junge Männer aus aller Welt – und er schickt sie zurück als potentielle Terroristen.

Die einzige Macht, die in der Region dem Triumph des IS entgegensteht, sind die Truppen von Assad. Sie halten sich bislang auffallend zurück im Kampf gegen die Kopfabschneider. Das, so hoffen die Amerikaner, könnte sich am Ende von Verhandlungen ändern.

Aber rechtfertigt das Verhandlungen mit einem Mann, der seine eigenen Landsleute höchstwahrscheinlich mit Giftgas angegriffen hat? Zynisch gesagt war es  genau der Giftgasangriff von 2013, der Assads Pragmatismus bewies. Um einen Vergeltungsangriff der USA abzuwenden, stimmte er danach der Vernichtung seiner Chemiewaffen zu. Diese ist seit Sommer 2014 abgeschlossen. Es fällt schwer, in diesem Konflikt von einer guten Nachricht zu sprechen – aber das ist zumindest keine schlechte.

Kerrys Aussage ist ein Stück Realpolitik: Sprich mit deinen Feinden! Immer wieder. Auch auf die Gefahr hin zu scheitern. Nichtstun ist keine Option. Es reicht für Politiker nicht, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen. Am Ende wird es Verhandlungen geben müssen. Da hat Kerry Recht. Und das gilt für alle Konflikte. Ob in Nahost, ob in Afrika oder in der Ukraine.

Matthias Maus, Autor in München, kümmert sich seit etlichen Jahrzehnten um nationale und internationale Sicherheitspolitik.

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phatterdee am 17. März 2015

Super Kommentar 5 Sterne

Aber es gibt Menschen die das schon vor Jahren gesagt, geschrieben haben.
Karin Leukefeld zum Beispiel, hat lange für den Tagesspielgel geschrieben aber nach dem sie genau zu ihrem Urtiel kam... war Schluß.
Das immer erst Tausende Menschen ihr leben lassen müssen bis die Erkenntnis kommt das Mann ja miteinander reden kann und sollte, ist für mich sehr erschreckend.
Das mit dem Giftgas ist auch nicht bewiesen.

Matthias Maus am 17. März 2015

Danke für das Lob. Wobei immer ein schlechtes Gefühl bleibt, wenn aus einem Schlächter ein Kriegsgewinnler wird. Matthias Maus

phatterdee am 18. März 2015

Tja man kann es auch so sehen: treffen sich zwei Massenmörder um zubesprechen wie sie den Islamisten ermörden können. Super

https://www.youtube.com/watch?v=AoKYVdtxIfY