Das Ende des Zwei-Parteien-Systems

Von Volker Warkentin am 23. März 2015

In Frankreich und Spanien ist das Monopol der Sozialisten und Konservativen gebrochen. Die Tage der Regierungschefs Hollande und Rajoy sind gezählt

In den kriselnden Euro-Ländern Frankreich und Spanien haben die Wähler das herrschende Zwei-Parteien-System aus Konservativen und Sozialisten ausgehebelt. Das ging in beiden Ländern zu Lasten der Parteien, welche die Zentralregierung stellen. Bei den Departementswahlen in Frankreich mussten die Sozialisten von Präsident Francois Hollande kräftig zugunsten der konservativen UMP Federn lassen. Dagegen scheint der rechtsextreme Front National (FN) sein Potenzial mit dem Gewinn von knapp 25 Prozent sein Potenzial ausgereizt zu haben. In der bevölkerungsreichsten spanischen Provinz Andalusien wurde die Linkspartei Podemos drittstärkte Kraft, die konservative Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy erlitt dagegen eine schwere Niederlage.

Im ersten Durchgang der Departementswahlen in Frankreich teilten die Bürger kräftig mit der Rechten aus. Das kam freilich nicht dem Front National zugute, sondern der konservativen UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. FN-Chefin Marine Le Pen, in der ihre Anhänger schon die erste „Madame Presidente“ sehen, musste ihren Traum begraben, stärkste Partei zu werden. Insofern war das Votum möglicherweise schon eine Vorentscheidung für die Präsidentenwahl in Frankreich in zwei Jahren.

Der europäischen Idee tut das Comeback von Sarkozy, dessen UMP rund 32 Prozent gewann, besser als ein weiterer Erfolg der Rechtsextremen, denen die Demoskopen einen Durchmarsch auf Platz eins vorhergesagt hatten. Im Gegensatz zu den Rechtsextremen wollen die Konservativen in der EU und in der Euro-Zone bleiben. Unvorstellbar, dass eine Präsidentin Le Pen und Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer schweren Krise wie etwa im Fall der Ukraine an einem Strang ziehen. Gleichwohl ist ein Stimmenanteil von 25 Prozent für die Rechtsaußen ein Horror. Für die Sozialisten scheint 2017 der Gang in die Opposition vorgezeichnet. Am Sonntag haben die Franzosen Hollande die Quittung für die schlechte Wirtschaftslage und die hohe Arbeitslosigkeit präsentiert.

Im Nachbarland Spanien scheinen die Tage von Ministerpräsident Rajoy ebenfalls gezählt. In der seit 32 Jahren ununterbrochen von den Sozialisten regierten Provinz Andalusien erlitt die Volkspartei einen schweren Einbruch. Gewonnen haben die Wahl die Sozialisten mit der erst seit einem Jahr regierenden Ministerpräsidentin Susana Diaz. Sie verfehlten freilich die absolute Mehrheit und müssen nun eine Minderheitsregierung bilden oder einen Koalitionspartner suchen. Dafür bietet sich eine neu gebildete zentristische Partei an, denn Diaz hat sowohl ein Bündnis mit der Volkspartei als auch mit der linken Podemos ausgeschlossen – dem spanischen Zwilling der in Griechenland regierenden Syriza-Partei. Die radikale Linke punktete vor allem bei bisherigen Wechselwählern der Sozialisten und Kommunisten. Andalusien ist die zweitärmste Region Spaniens und hat eine Arbeitslosenquote von über 30 Prozent.

Für Rajoy und seine Volkspartei verheißt die Niederlage in Andalusien zum Auftakt des Superwahljahres 2015 nichts Gutes. Denn im Mai geht es weiter mit landesweiten Kommunalwahlen und Abstimmungen in 13 anderen Regionen, ehe im Herbst dann das Parlament in Madrid neu gewählt wird. Ob Rajoys Kalkül aufgeht, bis dahin dank einer besseren Wirtschaftslage das Steuer zugunsten der Volkspartei herumzureißen, ist nach seiner Niederlage in Andalusien mehr als zweifelhaft.

Volker Warkentin, Autor in Berlin, verfolgt seit Jahren die Politik in Frankreich und Spanien, unter anderem als langjähriger Auslandsredakteur der Nachrichtenagentur Reuters.

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