Schafft die Olympischen Spiele ab!
Peking wird 2022 Gastgeber der Olympischen Winterspiele. Warum – das bleibt Geheimnis des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Ein haarsträubendes Beispiel für die Neigung der Berufsolympier zu autoritären Regimen.
Peking bekam den Zuschlag, obwohl die prekäre Lage der Menschenrechte im bevölkerungsreichsten Land der Erde ein offenes Geheimnis ist. Die Chinesen setzten sich bei der Abstimmung knapp gegen Almaty in Kasachstan durch, das in Sachen Menschenrechte auch nicht zu den Vorbildern zählt. Die Bewerbung Münchens war am Widerstand der Bevölkerung gescheitert.
Nun also Peking, das bereits 2008 Olympische Sommerspiele ausrichtete. Aber deshalb ist die Sache nicht leichter nachzuvollziehen. Denn die Metropole ist 200 Kilometer von den geplanten Sportstätten entfernt. Und die Gegend ist so knochentrocken, dass in den Wintermonaten nur wenige Millimeter Niederschlag fallen. Das erinnert an die Lachnummer Sotschi am Schwarzen Meer. Die russische Stadt liegt zwar in den Subtropen, durfte aber 2014 für geschätzte 35 Milliarden Euro Winterspiele veranstalten.
Die Hoffnung vieler Chinesen, dass die Entscheidung des IOC für die Spiele 2008 in Peking zu einer Öffnung des kommunistischen Regimes führen würde, blieb ein frommer Wunsch. Das Gegenteil trat ein: Die Führung des Landes ordnete mit einem Federstrich den Abriss ganzer Stadtviertel an, weil sie überdimensionierten Olympischen Sportstätten im Wege standen. Im Westen wäre das mit intensiven Diskussionen über Sinn, Nutzen und Kosten verbunden gewesen. Ganz abgesehen von massiven Protesten.
Dass ein so profitgieriger Verein wie das IOC, das seit geraumer Zeit Milliarden Dollar einstreicht, an Demonstrationen und möglicherweise auch Gerichtsurteilen kein Interesse hat, liegt auf der Hand: Die vielen Herren und wenigen Damen bevorzugen die Friedhofsruhe. Die Chancen Hamburgs, den Zuschlag für die Sommerspiele 2024 zu erhalten, tendieren deshalb gen Null.
Rational sind die Entscheidungen des IOC ohnehin nicht nachzuvollziehen. Die teuren Spiele in Sotschi dienten vor allem dem höheren Ruhm Wladimir Putins und den Kassen des IOC. Bundespräsident Joachim Gauck ist hoch anzurechnen, dass er aus „protokollarischen Gründen“ der Veranstaltung fernblieb, nachdem er mehrmals rechtsstaatliche Defizite und die Behinderung kritischer Medien angeprangert hatte.
Mit derartigen Restriktionen ist auch 2022 in Peking zu rechen. Schon zu den Sommerspielen bauten die Machthaber den Sicherheitsapparat kräftig aus, und gaben für Polizisten und Geheimdienstler erstmals mehr Geld aus als für die Armee. Dem IOC soll es recht sein, tragen doch die Repressionen zur Mehrung seines finanziellen Nutzens bei. Von der Idee Pierre de Coubertins vom Wettstreit der Besten, denen die Teilnahme mehr bedeutet als der Gewinn von Medaillen, hat sich das Komitee ohnehin schon lange verabschiedet. Und vom Olympischen Frieden ist während der Spiele auch nichts zu spüren.
Die Spiele sind zu einer gigantischen Umverteilungsmaschine von Steuermilliarden zugunsten des IOC verkommen. Solche Veranstaltungen sind von geringem Nutzen. Verschärft wird das noch durch immer wiederkehrende Dopingenthüllungen und Berichte über Vertuschungsaktivitäten von Verbandsfunktionären. So machen Olympische Spiele keinen Spaß! Schafft sie ab.
Volker Warkentin, Autor in Berlin, hat trotz seines ewigen Kampfes mit der Waage Freude an sportlichen Aktivitäten und wünscht sich mehr Transparenz im organisierten Sport. Seine OC-Kolumne „Warkentins Wut“ erscheint jeden Dienstag.