TTIP ist besser als sein Ruf
Seit Jahren machen verschiedene Organisationen gegen die Transatlantische Trade & Investment Partnership (TTIP) Stimmung. Dabei übersehen sie die Vorteile des geplanten Handelsabkommens mit den USA. Die sind nämlich trotz der geheimen Verhandlungen längst bekannt.
Unter den Gegnern des geplanten Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und den USA sind einflussreiche Mobilmacher wie die Globalisierungsgegner von Attac oder die Bürgerrechtler von Campact. Sie befürchten, durch den Vertrag werde es eine Art Invasion amerikanischer Produkte und Standards in Deutschland geben. Dabei übersehen sie die Vorteile des Abkommens und dämonisieren die Folgen.
TTIP soll eigentlich sicherstellen, dass hiesige Firmen in den USA investieren können, ohne fürchten zu müssen, dass die US-Administration ihre Produkte plötzlich verbietet. Dank TTIP müssten sie dann nicht mehr hilflos zuschauen, wie Millionen oder Milliarden den Bach runter gehen. Sie könnten im Gegenteil vor einem internationalen Schiedsgericht Klage einreichen. Amerikanische Firmen könnten in der EU dann eben dasselbe tun. Die Europäische Union und die USA wären durch TTIP also zukünftig in Sachen Wirtschaft auf Augenhöhe.
TTIP schützt außerdem die beschleunigten transatlantische Waren- und Geldströme und unterstützt die Migration von Angestellten. Insgesamt verlockt es Unternehmen, sich international mehr zu engagieren. Das schafft Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. Das Abkommen wird so auch der Globalisierung gerecht. Denn die ist ohnehin längst eine Tatsache und nicht mehr aufzuhalten.
Der geplante Vertrag beugt überdies dem Protektionismus vor: Weder die europäische noch die amerikanische Politik könnten zukünftig – ob nun auf Druck von Lobbyisten oder aus eigenem Antrieb heraus – die jeweils eigene Wirtschaft mit Gesetzen schützen, die aber ausländischen Firmen schaden. Jedenfalls nicht, ohne klare rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Das ist ein überfälliger Beitrag zur Entzerrung des internationalen Wettbewerbs.
Vor allem aber sorgt das Abkommen dafür, dass auch Streitfälle zwischen Unternehmen und Staaten in ein juristisches Verfahren münden statt in eine diplomatischen Krise oder gar einen Krieg: etwa, wenn ein Land ein Unternehmen mit der Produktion von wichtigen Waren beauftragt und diese nicht geliefert oder nicht bezahlt werden.
Dass zur Klärung solcher Streits dann weder EU-Gerichte noch US-Gerichte angerufen werden sollen, versteht sich von selbst. Denn bislang landen solcherlei Fälle vor Gerichten, die eventuell genauso voreingenommen für die wirtschaftlichen Interessen ihrer Staaten sind wie der Gesetzgeber, der die Streitfälle erst ausgelöst hat. So schützt TTIP mit seinen Schiedsgerichten vor unkontrollierten transatlantischen Konflikten.
Hiesige TTIP-Gegner sollten sich mit diesen Seiten des Abkommens beschäftigen. Dann würden sie verstehen, dass sie mit ihren Aktionen nur die Angst vor amerikanischen Produkten und vor dem Verfall deutscher Standards schüren. Insgesamt stützen sie sogar einen nationalistisch geprägten Protektionismus. Der gehört aber ins vergangene Jahrhundert, in die Zeit vor unserem Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung.
Nicht nur Attac und Campact haben das geplante Abkommen kritisiert, auch Politiker protestierten: meist vor allem, weil die Verhandlungen im Geheimen geführt werden. Dabei haben EU-Parlamentarier immer wieder Verhandlungsunterlagen öffentlich gemacht und sich dabei teilweise über ihre Geheimhaltungsverplichtung hinweg gesetzt, sie umgangen oder unterlaufen.
Die Geheimhaltung soll eigentlich dafür sorgen, dass mögliche Lücken in dem Abkommen nach dessen Unterzeichnung nicht sofort missbraucht werden, weil Firmen sie schon durchschaut haben. Auch soll Lobbyismus in Sachen TTIP auf EU-Ebene vermieden werden. Die TTIP-Gegner priorisieren mit ihren Leaks also teilweise Transparenz vor Lobbyismus-Kritik. Oft begründen sie dies mit ihrem Wunsch nach mehr Transparenz auch in Sachen Lobbyismus. Der ist aber noch lange nicht Realität. Ihr Verhalten ist also in ideologischer Hinsicht verständlich, aber im Grunde realitätsfern.
Die EU-Institutionen müssten – um der Kritik entgegenzuwirken – in diesem Fall Kompromisse eingehen. Konkret: wichtige Verhandlungsunterlagen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Sie würden damit auch der eigenen Sache dienen. Denn dann wäre die Kritik an dem geplanten Vertrag nicht regelmäßig vernichtend und hysterisch.
Sebastian Grundke, freier Journalist in Hamburg, hat in den vergangenen Jahren sowohl mit Globalisierungskritikern und Befürwortern von TTIP als auch mit Staatsrechtlern und Wirtschaftsjuristen über internationale Handelsabkommen und Schiedsgerichte gesprochen.
Zaunkoenigin am 31. August 2015
- ich beschäftige mich mit einem Abkommen wenn ich alles relevante auf dem Tisch liegen habe und lesen kann.
- ich beschäftige mich mit dem Abkommen, wenn eine rechtstaatliche Lösung bei Streitfällen gefunden wird. Und nicht, wie jetzt, Kungelei Tür und Tor geöffnet wird.
Wie man so etwas halbbekanntes gut finden kann, ist mir ein Rätsel und ganz ehrlich, bin bin ob Ihrer Blauäugigkeit und Oberflächlichkeit so entsetzt, dass ich gar keine Lust dazu habe mit Ihnen in die Details zu gehen. Bisher war es immer so, dass vorenthaltene Informationen dem Bürger geschadet und nicht genutzt haben. Warum soll das hier anders sein? Und überhaupt ... wie kann man als mündiger Bürger sich freiwillig entmündigen lassen in dem man das gar nicht soooo schlimm findet.
Es genügt doch, wenn wir unser EU-Geklüngel genauer betrachten was im Bereich Handel abläuft. Genau das - noch etwas verfeinert weil die Rahmenbedingungen "optimiert" wurden.
http://netzfrauen.org/2015/08/14/lidl-goldman-sachs-entwicklungshilfe-auf-kosten-der-armen/
http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/videomonitorvom128.html
Jens kelier am 1. September 2015
Kann Vorredner nur zustimmen. Das ist einfach peinlich, sorry. Der Satz "Auch soll Lobbyismus in Sachen TTIP auf EU-Ebene vermieden werden" muss Satire sein. Ich hoffe, den Beitrag lesen nicht zuviele, er ist nicht gerade Eigenwerbung...jk
phatterdee am 3. September 2015
@ Jens kelier darum geht es doch der Mann will in die Atlantikbrücke oder so.
Auch das Argument Arbeitsplätze ist doch schon hinfällig da die Eu selber zugeben musste das es sich nur um +0,5 % in 10 Jahren Europaweit handelt. Und ich denke das ist meine Persönlich Meinung das es hierbei lediglich um Abeitsplätze für Politiker und Jurnalisten in Wohl dutierten Vorstandt posten in den USA geht oder der wichtigen mitgiledschaft in der Atlantikbrücke.
Spaß bei Seite: Was uns das hier und jetzt zeigt ist das es wie bei anderen freihandels abkommen die die USA geschlossen haben jedenfalls nicht um faires miteinander geht sonder nur um Cash.
Kanada will kein Fraking kann die Us-firma also auf entgannen Gewinn klagen?!? Aber bei uns machen die das nicht kommt phatterdee wir sind doch Pathner, Freunde das war ja mal bis zur Nsa Affäre.
Zaunkoenigin am 3. September 2015
mich erschrecken und entsetzen ja so unkritische Meinungen wie die von Herrn Grundke. Besonders dann, wenn ich davon ausgehen darf, dass hinter der Person eine gute Allgemeinbildung steckt und die politischen Abläufe der letzten Jahr(zehnte) verfolgt wurden.
Mich entsetzt das deshalb, weil er gar nicht wissen kann (wegen der Geheimniskrämerei) was genau dahinter steckt. Da werden Vertrauensvorschüsse erteilt - ich frage mich auf welcher Basis.
Ob er das im privaten Bereich aus so handhabt?
Zaunkönigin am 9. September 2015
Auch wenn Sie, Herr Grundke, sich nicht mehr zu Wort gemeldet haben und es vermutlich auch nicht mehr tun werden. Vielleicht beantworten Sie ja die folgende Frage für sich - im stillen Kämmerlein. Ich hoffe nur, dass Sie dann ehrlich zu sich selbst sind.
Was macht Sie sicher, dass TTIP nicht ähnliche Probleme mit sich bringen wird wie bei NAFTA?
http://www.tagesspiegel.de/politik/wirtschaftsbeziehungen-20-jahre-nafta-das-netz-des-geldes/11082792.html ..
http://www.sueddeutsche.de/politik/freihandel-von-nafta-lernen-1.2075811
wienand, Martin am 10. September 2015
Herr Grundke,
was ist neu an Ihrer Argumentation? Das liest man doch seit Jahren so bei TTIP-Befürwortern.
Wenn Sie seit Jahren mit TTIP-Gegnern sprechen, kennen Sie auch alle Gegenargumente.
Sehe den Sinn nicht, warum Sie hier schreiben. Ist langweilig.
Zaunkoenigin am 10. September 2015
Ich will ja nicht drängeln.. aber vergessen werden möchte ich auch nicht ;-)
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Sebastian Grundke am 14. September 2015
Hallo Jens Kelier,
hallo Zaunkönigin,
herzlichen Dank für die Kritik an meinem Kommentar.
Die Artikel im "Tagesspiegel" habe ich gelesen und auch den Beitrag von "Monitor" habe ich mir angeschaut. Ich kannte sie noch nicht und finde sie aufschlussreich und gut. Danke für die Tipps!
Darüber hinaus habe ich mir die Kritik an meiner Einordnung von TTIP in Sachen Lobbyismus insbesondere zu Herzen genommen und "Lobby Control" um eine Stellungnahme zu diesem Thema gebeten. Ich habe sie noch nicht bekommen. Sobald etwas kommt werde ich es hier posten sofern "Lobby Control" zustimmt.
Viele Grüße,
Sebastian Grundke
Zaunkoenigin am 17. September 2015
Seltsam, jetzt habe ich einen langen Kommentar geschrieben und er ist im Nirwana verschwunden. (nein, er wartet nicht auf Freischaltung)
Ich halte mich jetzt kurz ..
Zum Thema TTIP + Gesundheit:
http://www.bukopharma.de/uploads/file/Pharma-Brief/Phbf2014_02.pdf
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/05/25/aerzte-gegen-ttip-gesundheit-darf-nicht-von-kapital-interessen-bestimmt-werden/
==> für errechneten Wirtschaftswachstum Gesundheitsstandards aufs Spiel setzen?
Geheimhaltung:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ttip-bruessel-verteidigt-strengere-geheimhaltung-a-1048244.html
https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2015/08/14/empoerung-von-cdu-bis-linke-ueber-ttip-geheimhaltung/
==> Und da kann ich Vertrauen in die Entscheidungen unserer Politiker haben? Wie kann ich sicher sein, dass Bürgerinteressen nicht den Interessen von Industrie und Wirtschaft geopfert werden?
Dokumente:
https://correctiv.org/recherchen/ttip/dokumente/ (hier mal nach unten scrollen)
Hier verweise ich ganz besonders auf https://www.documentcloud.org/documents/2162306-14-09-09-ttip-bildungsausschuss-geschwarzt.html zum Thema Bildung im Zusammenhang mit der Förderung von Gründungsaktivitäten. Zugegeben, das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. (Seite 8+9). War Ihnen bekannt, dass Bildung auch ein Thema von TTIP ist? Mir war das bis vor kurzem neu.