Hängt das Schwein (nicht)!

Von Thomas Schmoll am 19. Oktober 2016

In Ferdinand von Schirachs „Terror“ geht es um mehr als den Frei- oder Schuldspruch eines Piloten. Die Angst vor Islamisten darf uns nicht dazu bringen, an den Grundfesten des Rechtsstaates zu rütteln. Das wäre der Anfang vom Ende der Demokratie.

Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen: Der eine oder andere Bös- oder Gutmensch wird keine Sekunde getrauert haben, als ihn die Nachricht vom Selbstmord des mutmaßlichen islamistischen Terroristen Jaber al-Bakr erreichte. Schließlich wollte der Syrer doch möglichst viele Menschen umbringen. Das ist dann also so etwas wie eine gerechte Strafe, die er sich selbst zugefügt hat. Und zu Geiselnahmen, um den Mann aus dem Knast freizupressen, wird es nun auch nicht kommen. Welch Erleichterung!

In Zeiten des Terrors gerät alles ins Wanken, auch unsere Moralvorstellungen. Der Versuch, sie neu zu ordnen in der Hoffnung, wieder Halt zu finden, ist verständlich. Nur will es einfach nicht gelingen, dreht sich doch gerade alles viel zu schnell. „Recht und Moral sind strikt voneinander zu trennen. Das ist das Wesen des Rechtsstaates“, sagt die kluge Staatsanwältin in Ferdinand von Schirachs Theaterstück „Terror“, dessen Filmversion am Montagabend in der ARD zu sehen war. Und weiter: „Niemals darf eine moralische Einstellung über der Verfassung stehen.“ Ihr Wort in Volkes Ohr.

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Zaunkoenigin am 19. Oktober 2016

Da meldet sich doch gerne so eine tief gesunkene Seele zu Wort die bei der Nachricht, dass sich dieser Terrorist Hand an sich gelegt hat, nur dachte ... Nicht schade... der wird niemanden mehr töten und Ressourcen kosten.

Diesen bösen, bösen Gedanken hätte ich aber auch bei jedem anderen Mörder gehabt.

Warum ist unsere Gesellschaft dazu verpflichtet einen Suizid zu verhindern? Welche Werte, welche Moral greifen da? Zugegeben, üblicher Weise würde es wohl jeder versuchen (wobei auch bewusst sein muss, dass man es als Außenstehender nur schwer kann) und wäre ich quasi mit der Nase darauf gestoßen worden, dass dieser potentielle Attentäter es vor hat, ich hätte es auch nicht ignoriert. Aber aktiv versuchen vorzubauen? Nein, nicht bei Menschen wie ihm.

Ich vertrete die Ansicht, dass die Todesstrafe Sünde ist. Ich denke, dass wir, kommen wir dazu wie ein Mensch selbst an sich Hand anlegen möchte, versuchen müssen das zu verhindern. Aber nein, ich denke nicht, dass wir schon im Voraus einen Menschen vor sich selbst schützen müssen. Schon gar nicht bei einem Menschen, der keinerlei Achtung vor dem Leben und Fühlen anderer Menschen hat. Soviel Fürsorge möchte ich diesem Subjekt nicht zukommen lassen. Die Verantwortung für sich lasse ich da wo sie hin gehört. Bei ihm selbst. Das ist mehr Respekt ihm gegenüber als er bereit ist uns entgegen zu bringen.

Und was das Thema im Film angeht. ...

auf mich wirkt der allgemeine Tenor etwas befremdlich. Da wird so getan, als ob der Pilot, hätte er auf den Abschuss verzichtet, damit die Möglichkeit geschaffen hätte, dass alle Menschen (Flugzeug und Stadion) mit dem Leben davon kommen. Es gab aber im Grunde nur die Optionen "Alle oder die Menschen im Flugzeug". Man möge mir erklären, was an der Option "Alle" moralisch wertvoller gewesen wäre.

Dass der Pilot mit seiner Entscheidung vermutlich ein Leben lang kämpfen wird, dass die Hinterbliebenen der Opfer mit dem Piloten hadern, ja, das ist für mich nachvollziehbar. Was aber an seiner Entscheidung moralisch verwerflich war, das erschließt sich mir nicht. Für mich war das eine Entscheidung analog zur "operativen Trennung von Siamesischen Zwillingen". Auch hier kam es schon vor, dass man ein Kind opfern musste, damit überhaupt eines überleben kann. Hätte man sie besser beide sterben lassen sollen?