Hoffen auf die US-Generäle
Clinton oder Trump? Barfuß oder Lackschuh? Die Präsidentenwahl in den USA verheißt nichts Gutes. Donald Trump ist kurz vor der Abstimmung seiner Gegnerin Hillary Clinton in den Meinungsumfragen bedenklich nahe gekommen.
Der Immobilienhai Donald Trump verkörpert alles, was zu einem Fiesling à la J. R. Ewing aus der Fernsehserie „Dallasä“ gehört. Er ist stinkreich, arrogant und trägt seine Milliarden wie eine Monstranz vor sich her. Er ist laut, ungehobelt und lügt, dass sich die Balken biegen. Gegen ihn wirkt selbst ein Mann wie Ex-Präsident George W. Bush wie ein Ausbund an Intellektualität.
Entsprechend simpel gestrickt sind Weltbild, Programm und Wahlversprechen dieses hemdsärmeligen Nachfahren armer Zuwanderer aus der Pfalz. Illegal eingewanderte Latinos, deren männlicher Teil für den Republikaner Trump ohnehin nur aus Vergewaltigern besteht, will er außer Landes schaffen. Ein mehrere Meter hoher Zaun an der Grenze zu Mexiko soll die Zuwanderung unterbinden. Und das Nachbarland soll auch noch den Bau der Sperranlage bezahlen. Den islamistischen Terrorismus will ein Präsident Trump unter anderem mit einem Einreiseverbot für Muslime eindämmen.
Mit seinen einfachen Lösungen für eine hoch komplex gewordene Welt punktet Trump bei seiner offensichtlich immer größer werdenden Anhängerschaft. Männliche Industriearbeiter mit niedrigem Schulabschluss und geringem Einkommen zieht der Immobilien-Tycoon magisch an. Für sie ist Trump der Heilsbringer. Seine Hasstiraden gegen Präsident Barack Obama, den er zum Gründer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ gemacht hat, löst bei dieser Klientel Freudenstürme aus. Auch die erzreaktionäre Tea-Party-Bewegung ist begeistert. Dagegen geht das Establishment der Republikaner angeekelt auf Distanz zum Kandidaten.
Trump scheint selbst die George W. Bush zugeschriebene Äußerung nicht zu schaden, er wolle am 8. November für Clinton stimmen. Im Gegenteil: Clintons Vorsprung aus dem Sommer ist zusammengeschmolzen. Und in einigen Swingstaaten wie Ohio, in denen traditionell die Präsidentenwahl entschieden wird, hat Trump die Nase vorne, auch weil er verspricht, Amerika wieder groß zu machen. Das kommt an bei einem Publikum, das sich von einem Präsidenten Trump ein Ende der Ängste erhofft, in der Welt der globalisierten Wirtschaft abgehängt und nicht mehr gebraucht zu werden,
Dabei müsste Clinton nach der Papierform ihrem republikanischen Rivalen weit voraus sein. Denn sie hat als Außenministerin, Senatorin und First Lady an der Seite ihres Präsidentenmannes Bill Clinton viele Erfahrungen gesammelt. Darüber verfügt Trump nicht. Er legt ja auch Wert darauf, kein Politiker nicht.
Doch Clinton hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, und ihr Name wird immer wieder mit der Wall Street in Verbindung gebracht. Das schadet ihr ebenso wie der laxe Umgang mit dienstlichen E-Mails, die auf ihrem privaten Account landeten. Selbst die Tatsache, dass Trump ein schamloser Lügner ist, hat ihr bisher kaum geholfen. Dafür steht sie im gegnerischen Lager im Ruf, die verlogenste Politikerin aller Zeiten zu sein.
Darum sollten wir uns langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass die erste US-Präsidentin weiter auf sich warten lässt und Trump als Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte auch die Verfügungsgewalt über die US-Atomwaffen hat. Das ist keine beruhigende Vorstellung. Bleibt zu hoffen, dass die gesammelte US-Generalität im Ernstfall so viel Mut habt, einem Präsidenten Trump in den Arm zu fallen.
Volker Warkentin, Autor in Berlin, hätte es nie für möglich gehalten, dass er seine Hoffnungen ausgerechnet auf amerikanische Generäle setzt. Seine OC-Kolumne „Warkentins Wut“ erscheint dienstags.