Wie die CDU in Berlin sich selbst zerfleischt

Von Volker Warkentin am 21. März 2017

Die Berliner CDU ist aus dem Winterschlaf erwacht und steht pünktlich zum anlaufenden Wahlkampf im Krieg mit sich selbst.

Steglitz-Zehlendorf ist der reichste Bezirk der Hauptstadt und damit eine Hochburg der CDU. Spötter behaupten, selbst ein Besenstiel werde hier gewählt, wenn er nur schwarz lackiert und mit dem Logo der Christdemokraten versehen werde. Insofern ist auch der Bundestagswahlkreis eine sichere Bank für die CDU, die seit ihrem Absturz bei der Abgeordnetenhauwahl im vorigen September mit 17,6 Prozent der Stimmen in der Stadt wenig zu bestellen hat. (Dass die SPD bei der Wahl nur einige wenige Prozentpunkte mehr einfuhr, macht die Sache für die Christdemokraten auch nicht besser).

Was sich aber jetzt im gutbürgerlichen Milieu unter den Augen einer tatenlosen CDU- Landesvorsitzenden abspielt, ist keine Provinzposse aus dem Südwesten der Millionen- Metropole, sondern ein Beispiel für der Verfall der politischen Kultur. Dieser Niedergang der Werte schadet nicht nur der Partei, sondern am Ende auch der Demokratie. Denn die Protagonisten im Streit um den CDU-Bundestagskandidaten erwecken den Eindruck, dass es ihnen nur noch um Macht, Einfluss sowie Geld geht und nicht auch um die Sache.

Thomas Heilmann ist einer der beiden Hauptdarsteller in diesem mit allen miesen Tricks geführten Krieg. Den CDU-Kreisvorsitzenden und Ex-Justizsenator zieht es in den Bundestag. Dazu muss erst einmal der langjährige Wahlkreisabgeordnete Karl-Georg Wellmann ausgebootet werden. Doch der will seinen Sitz nicht aufgeben, so dass es zum offenen Schlagabtausch mit Heilmann kommt – in der Demokratie die normalste Sache der Welt.

Die erste Abstimmung am 1. März ging unentschieden aus. Doch dann kam es knüppeldick. Bei der Überprüfung von Wahlzetteln wurden Anfang voriger Woche 350 gefälschte Stimmzettel entdeckt. Ein CDU-Justiziar äußerte den Verdacht, dass der auch von Parteifreunden als Querulant bezeichnete Wellmann mit der Sache zu tun habe. Dieser wies die Anschuldigungen zurück uns warf seinen Gegnern vor, eine Intrige gegen ihn angezettelt zu haben. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Am Sonntag machte Heilmann das Rennen. Er muss jetzt um einen sicheren Platz auf der Landesliste kämpfen, denn die SPD könnte der CDU dieses Mal den Wahlkreis abnehmen.

Und die CDU-Landesvorsitzende Monika Grütters? Sie verurteilt zwar die Auseinandersetzung und lässt den CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf die unappetitliche Sache untersuchen. Der Dorfrichter Adam aus Heinrich von Kleists „Zerbrochenem Krug“ lässt grüßen. Doch viel mehr kann die mit ihrem Landesverband noch immer fremdelnde Grütters kaum ausrichten. Denn die Kultur-Staatsministerin ist in der Berliner CDU eine Königin ohne Land. Vor allem hat sie keine Hausmacht, mit deren Hilfe sie die Hahnenkämpfe machtbesessener Bezirksfürsten beenden könnte. Denn die lassen niemanden hochkommen, der ihnen nicht nach dem Munde redet.

Die intellektuelle Tristesse der Hauptstadt-CDU ist mit den Händen zu greifen. Eine Wende zum Besseren ist nicht in Sicht. Die Berliner Christdemokraten haben ihren Machtverlust von 2001 noch immer nicht verwunden. Aber sie habenes sich in ihrem Elend gemütlich gemacht.

Volker Warkentin beobachtet die Berliner Landespolitik seit 1985. Seine OC-Kolumne „Warkentins Wut“ erscheint dienstags.

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