Im Schlafwagen kommt Martin Schulz nicht an die Macht

Von Volker Warkentin am 9. Mai 2017

Der Sieg ist immer das Werk vieler, die Niederlage hat immer nur einer verschuldet. So schieben die Sozialdemokraten dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig die Schuld für ihr Wahldebakel an der Kieler Förde in die Schuhe. Doch Albig hat die Wahl nicht allein vergeigt.

Er irrlichtert schon mal, der Genosse Albig. Es ist noch gar nicht solange her, dass er seiner Partei angesichts einer vermeintlichen Chancenlosigkeit gegen Angela Merkel riet, auf einen Kanzlerkandidaten zu verzichten. So etwas denkt ein Politprofi allenfalls im stillen Kämmerlein. Er unterstützt – wenn auch mit knirschenden Zähnen – jedes Leichtgewicht, das gegen die Kanzlerin in den Ring geschickt wird. Und hofft darauf, dass die Titelverteidigerin ihre Deckung vernachlässigt.

Aber so eine Deckungslücke, die sein als Nobody eingeschätzter CDU-Herausforderer Daniel Günther gnadenlos ausnutzte, leistete sich Albig im Wahlkampf mit Äußerungen über das Scheitern seiner Ehe. Der illustrierten „Bunte“ sagte er, seine langjährige Ehepartnerin sei als Hausfrau und Mutter im Haus gefangen gewesen. Er habe mit ihr nicht mehr auf Augenhöhe kommunizieren können.

Diese für einen Genossen merkwürdige Denke hat nicht nur die weite Kreise in der SPD verärgert, sondern eine verheerende Außenwirkung gehabt. So sei es in den letzten Wahlkampfwochen nicht mehr um Sachfragen, sondern fast ausschließlich um Albigs Privatleben gegangen, analysierte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Mit fatalen Folgen: „So sehen wir auch, dass offensichtlich vor allem Frauen weniger die SPD gewählt haben.“

Aber auch die SPD-Führung sollte sich kritisch fragen, was sie im Wahlkampf falsch gemacht hat. Auf jeden Fall haben es die Genossen nicht geschafft, den durch die Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz und die Aufnahme Tausender neuer Mitglieder ausgelösten Schwung in Wählerstimmen umzumünzen. Und zwar weder an der Saar noch an der Kieler Förde. Und in den entscheidenden Fragen der weiteren Gestaltung Deutschlands und Europas war der Mann aus Würselen nicht zu vernehmen.

Wenn am kommenden Sonntag auch noch das SPD-Stammland Nordrhein-Westfalen an die CDU und deren farb- und profillosen Spitzenkandidaten Armin Laschet fallen sollte, dann bleibt der SPD nur noch die Option, bei der Bundestagswahl im September auf Platz zu setzen. Dann bleibt ihr wenigstens die Möglichkeit erhalten. weiter Juniorpartner der Unionin einer Große Koalition zu aein..

Schulz muss dringend und entschlossen das Ruder herumreißen, wenn er in den Umfragen wieder zu Angela Merkel aufschließen will. Und noch etwas sollte der Kandidat berücksichtigen: Im Schlafwagen ist noch niemand an die Macht gekommen.

 

Volker Warkentin, Journalist und Autor in Berlin, ist in der SPD aktiv. Seine OC-Kolumne „Warkentins Wut“ erscheint immer dienstags.                                   

 

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